Bramscher DJ Rolf Brell über blöde Sprüche und laute Musikwünsche

Bramscher DJ Rolf Brell über blöde Sprüche und laute Musikwünsche

Bramsche. Bedienungen, Ärzte, Kassierer – in unserem Alltag haben wir immer mal wieder mit ihnen zu tun, doch selten machen wir Kunden uns darüber Gedanken, wie wir auf sie wirken. Wir haben daher einmal nachgefragt. Teil 21: Rolf Brell, Discjockey.

Es gibt vermutlich kaum einen Bramscher, der noch nie eine Feier oder Veranstaltung besucht hat, auf der Rolf Brell als DJ engagiert war. Seit 37 ist der Heseper, den viele als DJ Rolli kennen, vor allem im nördlichen Osnabrücker und südlichen Oldenburger Raum unterwegs. Im Gespräch mit unserer Redaktion verrät er, warum er seinen Job liebt, welches Verhalten von Partygästen nervt und wen man zur eigenen Hochzeit besser nicht einladen sollte.

Herr Brell, Sie sind vor allem als DJ bekannt. Haben Sie auch etwas Ordentliches gelernt?

Gelernt habe ich Zerspanungstechniker oder auch Dreher genannt. In den vergangenen 30 Jahren habe ich aber als Verwaltungsangestellter beim Bundesverwaltungsamt gearbeitet. Zunächst hier auf dem Gelände der Landesaufnahmebehörde in Hesepe und seit zwei Jahren in Osnabrück. Seit meinem 15. Lebensjahr bin ich als Discjockey unterwegs. Anfang der 80er Jahre ging das los.

Damals war die Arbeit vermutlich noch eine ganz andere…

Ja, das war schon eine coole Zeit. Am Anfang habe ich nur bei Freunden oder Kollegen Musik gemacht. Mitte der 80er Jahre eröffneten hier die ersten Discotheken, wo ich dann als DJ eingestiegen bin.

Wie fing Ihre Karriere damals an?

Es ging damit los, dass ich als 15-Jähriger angefangen habe auf 18. Geburtstagen Lichtanlagen aufzubauen. Wobei das Wort Lichtanlage schon sehr übertrieben ist (lacht). Das waren ganz einfache, selbstgestrickte Anlagen mit bunten Lampen. Das ist kein Vergleich zu dem, was es heute gibt. Auf den Partys waren die Discjockeys oft so schlecht, dass ich gedacht habe, das kriegst du viel besser hin. So fing es an.

Ich stelle mir das ein bisschen schwierig mit 15 Jahren vor. Sie hatten ja damals noch kein Auto.

Ohne Familienunterstützung ging und geht bis heute gar nichts. Deshalb spreche ich auch immer von „wir“, wenn ich über meine Arbeit als DJ erzähle. Mein Schwiegervater hat damals Anlagen mit aufgebaut, mein Vater hat auch häufig geholfen. Heute unterstützen mich meine Neffen, oder unsere jüngste Tochter. Von meiner Frau ganz zu schweigen. In den Anfangsjahren hat mir mein Bruder viel geholfen. Er ist neun Jahre älter als ich und hatte damals schon ein Auto. Er hat mir die Sachen zu den Partys gebracht. Ich habe aufgebaut, Musik gemacht und bin mit dem verdienten Geld nachts mit dem Taxi nach Hause. Wenn es hier in der Nachbarschaft war, habe ich es mit dem Fahrradanhänger transportiert.

Und von da an lief es?

Oh nein, gerade am Anfang mussten wir viel Überzeugungsarbeit leisten. Damals wurden noch hauptsächlich Bands auf Feiern engagiert. Mittlerweile haben wir uns aber einen ganz guten Ruf erarbeitet und dementsprechend kommen immer viele Anfragen rein. Außerdem wollen die Veranstalter von Schützen- oder Sportlerbällen heute den Geschmack von Jung und Alt treffen, darauf kann ein DJ meist flexibler reagieren als eine Band.

Das sehen die Bands sicher kritisch, oder?

Nein, nicht unbedingt. Es gibt auch noch genug Aufträge für Bands. Die Geschmäcker sind verschieden und einige mögen lieber Bands, andere bevorzugen einen DJ auf ihrer Feier. Auf richtigen Großveranstaltungen mit mehreren tausend Leuten arbeiten wir sehr gut zusammen. Die Bands treten auf und wir füllen die Pausen.

Zu welchen Veranstaltungen gehen Sie am liebsten?

Das ist eine schwierige Frage. Jede Veranstaltung hat ihren Reiz. Schützenfeste sind für mich eine schöne Verbindung zwischen Tradition und Moderne, zwischen Jung und Alt. Ich selbst bin mit dem Schützenverein Hesepe groß geworden und begleite das Schützenfest hier seit fast 30 Jahren musikalisch. Viele Schützenvereine fragen mich auch an, weil ich mich mit den Gepflogenheiten und Schützenmärschen gut auskenne. Hochzeiten begleite ich auch gerne, aber es erstaunt mich immer wieder, wie sehr sich die Feiern heute von früher unterscheiden.

Wie meinen Sie das?

Vor 20 oder 25 Jahren wollten die Brautpaare natürlich auch schon einen ganz besonderen Tag feiern und haben sich bemüht, dass alles stimmt. Heute ist der Drang zur Perfektion aber schon hier und da sehr extrem. Vip-Shuttle, Candy-Bar, Geschenke für die Gäste oder ein Fotograf, der Fotos und Videos per Drohne macht. Es muss alles noch pompöser sein. Besonders die Bräute wissen heute ganz genau, was sie wollen und was nicht. Das ist auch in Ordnung, schließlich ist das ja ein ganz besonderer Tag. Doch manche übertreiben es und vergessen sogar das Feiern.

Wie denn das?

Ich hatte mal eine Braut, die sich so verrückt gemacht hat, dass sie vor dem Ehrentanz hyperventiliert hat. Als DJ musste ich dann irgendwie sehen, dass ich die 180 Gäste so lange bei Laune halte. Letztendlich fand der Ehrentanz ohne Brautpaar, sondern nur mit Trauzeugen statt. Der Notarzt hat die Braut dann wieder fit gespritzt.

An welche kuriose Situation erinnern Sie sich noch?

Da gibt es einige. Ich war zum Beispiel einmal auf einer Hochzeit, auf die der Bräutigam seine beiden Ex-Freundinnen eingeladen hat. Beim Abbauen habe ich dann nur noch mitgekriegt, dass er im Auto mit den beiden schwer beschäftigt war. Die Braut stand vor dem Auto und hat auf der Motorhaube rumgehämmert. Das war die kürzeste Ehe, von der ich weiß. Ansonsten bekomme ich natürlich viel mit, was in manchen Familien los ist. Mit Alkohol kommen auf einmal Dinge zur Sprache, die man vielleicht sonst nie angesprochen hätte. Da waren auch schon Hausverbote und Enterbungen dabei.

Was ist das Schöne an Ihrem Beruf?

Es macht mir einfach Spaß, anderen Menschen Freude zu bereiten. Ich finde es toll, wenn die Gäste nach Hause fahren und sagen, dass es eine schöne Party war. Inzwischen mache ich das solange, dass ich sogar schon die Hochzeiten der Kinder meiner ersten Brautpaare musikalisch begleite. Das ist schon irre.

Was waren für Sie bisher die Höhepunkte ihrer Karriere?

Ich habe mal an einem DJ-Wettstreit in Nienburg an der Weser teilgenommen, daran erinnere ich mich wirklich gerne zurück. Ein absolutes Highlight, das ich nicht so schnell vergessen werde, war ein Konzert mit Wolfgang Petry Anfang der 90er-Jahre beim Heiratsmarkt auf dem Renzenbrink in Bramsche. Er war wahnsinnig nett und bodenständig. Das war einfach ein ganz toller Abend.

Wie ist das denn für Ihre Familie, wenn Sie jedes Wochenende unterwegs sind?

Rolf Brell: Die Frage muss meine Frau beantworten. (lacht)

Ulrike Brell: Man gewöhnt sich daran. Wir sind schon so lange zusammen, dass ich da irgendwie mit reingewachsen bin. Außerdem weiß ich, dass es ihm großen Spaß macht. Da kann ich auch nicht einfach sagen, das gibt’s jetzt nicht mehr. Ich sehe das so: Andere Männer haben vielleicht aufwendige Hobbys, bei denen sie viel Zeit verbringen, und Rolf hat seine Musik. Inzwischen achten wir aber schon etwas mehr darauf, dass wir uns auch private Freiräume schaffen.

Wofür zum Beispiel?

Ulrike Brell: Als unsere Tochter als Au pair-Mädchen in den USA war, sind wir für 14 Tage hingeflogen. Das haben wir schon zwei Jahre im Voraus geplant, damit wir in diesem Zeitraum auch wirklich keine Termine haben. Außerdem tanzen wir seit elf Jahren immer am Sonntagabend zusammen. Das ist ein fester Termin für uns. Ansonsten gucken wir bei unserer privaten Terminplanung tatsächlich immer, dass wir keinem Verein auf die Füße treten, zu denen mein Mann schon jahrelang kommt. Das ist manchmal nicht so einfach, aber bisher haben wir es immer hinbekommen. Man muss sehr vorausschauend planen. Deshalb bekommen wir Einladungen zu Familienfeiern immer sehr früh.

Was ist, wenn ein privater Termin mit einer Feier, die Sie angenommen haben, kollidiert?

Rolf Brell: Das passiert glücklicherweise sehr selten, weil wir langfristig planen. Jetzt kürzlich hatten wir aber das Problem, dass die Abschlussfeier unserer Tochter im nächsten Jahr mit einer Hochzeit zusammenfällt, die schon zwei Jahre in unserem Terminbuch steht. Da spreche ich dann mit den Kunden und kümmere mich mit deren Einverständnis um einen Ersatz-DJ. Die Kunden haben da auch Verständnis. Von meiner Seite aus müssen Termine verbindlich sein, denn die Leute rechnen ja damit, dass ich komme.

Was ist nervig an Ihrem Beruf?

Sehr nervig sind Gäste, die mir ins Ohr brüllen. Das liegt vor allem an deren Lautstärke. Da habe ich dann drei Tage später noch einen Tinnitus. Anstrengend sind natürlich auch alkoholisierte Gäste, die total penetrant sind und dir sagen, dass sie den Titel, in der Version von dem gesungen, ab da gespielt und zwar auf der Stelle hören wollen. Manche lassen dann echt nicht locker. Das Blöde daran ist, du kannst acht Stunden lang die geilste Party haben, aber wenn dir in der letzten halben Stunde jemand richtig auf die Nerven geht mit Sprüchen wie: „Ey, wann fängst du denn mal an, richtige Musik zu spielen?“, dann habe ich den ganzen Sonntag eine Hasskappe. Das kann ich auch nach 37 Jahren nicht abstellen.

Hat es auch schon mal richtig Ärger gegeben mit Gästen?

Auf privaten Veranstaltungen ist das sehr, sehr selten. Wenn es so extrem wird, dass ich richtig beleidigt werde, stelle ich die Musik ab und sage dem Gastgeber, dass entweder der Gast geht oder ich. Auf öffentlichen Tanzveranstaltungen arbeiten wir grundsätzlich nur noch mit Security, weil wir und auch die Gäste den Stress mit irgendwelchen alkoholisierten Leuten einfach nicht haben wollen. Der Respekt, auch vor dem Eigentum anderer, ist in den vergangenen Jahren wirklich auf der Strecke geblieben. Früher war das nicht so.

Gibt es irgendein Lied, das Sie nicht mehr hören können?

Eigentlich nicht. „1000 Mal belogen“ von Andrea Berg oder Lieder von Helene Fischer höre ich natürlich mindestens einmal pro Abend, aber bislang ist es in Ordnung. Ich habe nicht den Anspruch, dass mir die Musik, die sich die Gäste wünschen, auch gefallen muss. Wenn ich merke, dass die Leute zufrieden sind, dann bin ich es auch. Und wenn ich dann nur drei Leute von 100 auf einer Privatveranstaltung zufrieden stelle, dann ist das auch ok. Die warten ja zum Teil zwei Stunden auf ihren Titel, weil es einfach gerade nicht reinpasst. Da soll jeder irgendwie zu seinem Recht kommen.

Gibt es irgendwas, das Sie grundsätzlich nicht spielen?

Ja, natürlich. Rechtsrock spiele ich nicht.

Kommt es vor, dass Gäste sich solche Musik wünschen?

Selten, aber es kommt vor. Es gab schon mal so bestimmte Ecken, da kommen solche Wünsche. Da gehe ich dann aber auch nicht wieder hin.

Ein beliebtes Partylied ist „Sie liebt den DJ“ von Michael Wendler. Haben Sie auch solche weiblichen Fans?

Es gibt Partys, da bin ich tatsächlich das Objekt der Begierde mancher Frauen (lacht). Meistens ist es lustig, hin und wieder kommt es aber auch vor, dass es Frauen richtig ernst meinen. Vor ein paar Jahren waren zwei Frauen richtig stinkig, weil ich sie ignoriert habe. Da können auch Frauen richtig fies werden. Kellner haben den riesigen Vorteil, dass sie weglaufen können. Aber ich kann nirgendwo hin und muss trotzdem immer freundlich sein und lächeln.

Ihr Nebenberuf als DJ und Ihr Hauptberuf als Verwaltungsangestellter sind da ja wahrscheinlich der größtmögliche Kontrast, oder?

Ja, das ist er wirklich und das ist auch gut so. Wenn ich einen Job hätte, wo ich Schichtdienst machen oder richtig körperlich arbeiten müsste, könnte ich diesen Nebenjob sicher nicht machen.

Wie lange wollen Sie noch weiter als DJ arbeiten?

Ich mache das an drei Punkten fest: Gesundheit, Spaß und Kunden. Wenn meine Gesundheit nicht mehr mitspielt, höre ich auf, wenn es mir keinen Spaß mehr macht, höre ich auf und wenn meine Kunden genug von mir haben, höre ich auch auf.

Quelle: NOZ.de Autor: Eva Voß 

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